Fast täglich berichten die Medien von der Zunahme gesellschaftlicher
Spannungen. Willkommenskultur und Ausgrenzungspolitik stünden sich so
unversöhnlich gegenüber, dass es keine gemeinsame Gesprächsbasis mehr
gebe. Stimmt der Eindruck, auch jenseits der Debatte um den Umgang mit
MigrantInnen oder Geflüchteten würden mühsam erkämpfte Solidaritäten
leichtfertig über Bord geworfen? Immer öfter vernimmt man die Stimmen
jener, die Sozialstaat und Leistungsfähigkeit in Beziehung, ja in
Abhängigkeit bringen wollen. Die Stärke einer Gesellschaft zeigt sich
jedoch gerade darin, dass sie den Schwachen helfen kann und will. Ist
diese Erkenntnis auch heute noch gültig?
Den AutorInnen des Buches „Umkämpfte Solidaritäten“ geht es um den
Wandel von Solidaritätsvorstellungen. Lange Zeit war Solidarität eine
Grundfeste der ArbeiterInnenbewegung und der politischen Linken. Ihr
Begriff von Solidarität beruhte nicht auf Herkunft oder Nation, sondern
auf Klasse. Seit kurzem beschwören aber auch rechte und rechtsextreme
Parteien Solidarität. In ihrer Vorstellung geht es darum, die
einheimische Bevölkerung vor vermeintlichen Bedrohungen von außen zu
schützen. Wie der rechte Solidaritätsbegriff den linken zu ersetzen
wusste, hat nicht zuletzt der französische Philosoph Didier Eribon in
seinem Werk „Rückkehr nach Reims“ eindrucksvoll beschrieben.
Unterschiedliche Menschen in Österreich sind von den AutorInnen über
ihre beruflichen Erfahrungen und ihr persönliches Umfeld befragt worden.
In den Gesprächen geht es um Sozialleistungen, Zuwanderung, soziale
Gerechtigkeit, aber auch um ganz persönliche Erfolge, Sorgen und Nöte.
Die im Buch versammelten Erfahrungen zeigen, wie stark differierende
Blickweisen auf die Welt zustande kommen, die als Ausdruck
gesellschaftlicher Spaltungen gesehen werden können. Dabei lassen sich
verschiedenartige Muster feststellen, was Motive für Solidarität
anlangt, aber auch wo die Grenzen der Bereitschaft zur Unterstützung
gezogen und welche Bedingungen daran geknüpft werden. Die Gespräche mit
den Befragten erlauben einen tieferen Einblick in aktuelle Entwicklungen
als die zu stark vereinfachende Darstellung von der gesellschaftlichen
Spaltung.
Carina Altreiter, geboren 1985 in Linz, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie der Universität Wien.
Jörg Flecker, geboren 1959 in Graz, ist Professor für Allgemeine Soziologie an der Universität Wien.
Ulrike Papouschek, geboren 1961 in Wien, ist Soziologin an der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA).
Saskja Schindler, geboren 1977 in Wien, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie.
Annika Schönauer, geboren 1979 in Gmunden, arbeitet im Leitungsteam der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA).
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