Bernhard Weidinger erörtert die Rolle akademischer Burschenschaften (Graz, Innsbruck, Leoben, Linz, Salzburg und Wien) im politischen Geschehen der Zweiten Republik Österreichs. Basierend auf der Auswertung von umfangreichem, bislang von kritischer Forschung nicht erschlossenem Quellenmaterial behandelt er eine Vielfalt an Aspekten: von der Restauration des deutschnationalen Verbindungswesens nach 1945 über den burschenschaftlichen Umgang mit der NS-Vergangenheit bis hin zum Einfluss der Verbindungen auf die Entwicklung der FPÖ. Das burschenschaftliche Weltbild beschreibt Weidinger als durch deutsch-völkischen Nationalismus und ein spezifisches, quasi-soldatisches Männlichkeitsbild geprägt. Burschenschaften erscheinen in seiner Darstellung letztlich als anachronistisches Kuriosum und politisch hochrelevant zugleich.
Inhalt Vorbemerkungen I. Einleitung I.1 Forschungsstand und Erkenntnisinteresse I.2 Zum Gegenstand der Untersuchung I.3 Methodische Erläuterungen I.4 Quellen und Quellenkritik I.4.1 Forschungspraktische und quellenkritische Herausforderungen I.4.2 Spezifische Problemlagen einzelner Quellengattungen I.5 Zentrale Begrifflichkeiten II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde II.3.1 Restauration vs. Neubeginn II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit II.4.1 Salonfähigkeit durch konservative Elitensolidarität II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende II.5.7 Schlussbetrachtungen III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen III.1.1 Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis III.1.2 Konjunkturen der Politisierung III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen III.2.1 Zwischen Geselligkeitsorientierung und Idealismus III.2.2 Die politische Klasse unter Burschenschaftern III.2.3 Burschenschaftliche Meinungsführer III.2.4 Burschenschafter-Politiker III.3 Burschenschaftliche Erziehung III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung III.3.3 Funktionen und Konsequenzen III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen III.4.2 Konflikt und Kontroversen III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ III.5 Wandel und Beharrung III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz III.6 Selbstbild: Gegen-Elite III.6.1 Herausforderung Zweite Republik III.6.2 Wider die Herrschenden: Burschenschaften in Opposition III.6.3 Für die Herrschaft: Burschenschaftlicher Elitarismus III.6.4 Zusammenführung III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt III.7.1 Das Primat des Völkischen nach 1945 III.7.2 ‚ Volkstumsbezogener Vaterlandsbegriff‘ und österreichische Eigenstaatlichkeit III.7.3 Kritik der völkischen Ideologie III.8 Burschenschaften und Demokratie III.8.1 Zwischen Barrikaden, Bismarck und Führerprinzip III.8.2 Demokratie als Form und Demokratie als Inhalt Exkurs: Zur Demokratisierung der österreichischen Hochschulen III.8.3 Demokratie im Verband und interbündischen Verkehr III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? III.8.5 Individuum und Kollektiv IV. Praxis burschenschaftlicher Politik IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn IV.1.1 Politik des Appells IV.1.2 ‚Grenzlandarbeit‘ IV.1.3 Hochschulpolitik IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik IV.3.1 Der Konflikt in völkischer Perspektive IV.3.2 Legaler Aktivismus IV.3.3 Beteiligung am Bombenterror IV.3.4 Allgemeine Ableitungen zu ‚Volkstumspolitik‘ und völkischer Ideologie V. Burschenschaften und politische Parteien V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung V.1.1 Die Bundesebene V.1.2 Die Landesebene V.1.3 Zusammenschau V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich Exkurs: NDP und NFA als verbindungsstudentische Projekte V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten V.3.1 Von der Parteigründung bis zum Innsbrucker Parteitag 1986 V.3.2 Haider-Ära, zweite Regierungsbeteiligung und Parteispaltung V.4 Programmatik und Policy-Ebene V.4.1 Freiheitliche Parteiprogramme V.4.2 Agenda-Setting und Politikfeldbewirtschaftung V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen Exkurs: Sonderfall Steiermark? V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit VI. Abschließende Überlegungen VI.1 Die politische Bedeutung der Burschenschaften in Österreich VI.2 Zur burschenschaftlichen Politikfähigkeit VI.2.1 Liberal-demokratische und burschenschaftliche Weltsicht VI.2.2 Oppositionell aus Prinzip? VI.2.3 Fähig und bereit zum Kompromiss? Anhang Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften Archive und Archivalien Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika Tabelle und Diagramme Zitierte eigene Interviews Abkürzungsverzeichnis Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe Personenregister
Bernhard Weidinger, Studien der Politikwissenschaft und der Internationalen Entwicklung in Wien und Granada, Forschungsstipendiat der Universität Wien 2008–2009, DOC-Stipendiat der Österreichischen Akademie der Wissenschaften am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien 2010–2012, Marshall Plan Visiting Fellow am Center for Right-Wing Studies der UC Berkeley 2013, Stipendiat des „Edith-Saurer-Fonds zur Förderung geschichtswissenschaftlicher Projekte“ 2014, Träger des „Michael Mitterauer-Preises für Gesellschafts-, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte in Wien“ 2014, Lehrbeauftragter an der Universität Wien, Mitglied der Forschungsgruppe „Ideologien und Politiken der Ungleichheit“ (FIPU).
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