A. G. Baumgartens Denken kreist um das klassische systematische Problem der Inkommensurabilität der universalen Begriffe, die der menschliche Geist bildet, und der einzelnen Dinge, die die Welt ausmachen. Da diese nur durch jene propositional erkannt werden können, bleibt die Wahrheit jeder solchen Aussage stets ungewiss. Auf die drohende Konsequenz eines allgemeinen und radikalen Skeptizismus reagiert Baumgarten mit der Begründung des Weltbezugs propositionaler Erkenntnis durch eine Theorie begriffsfreien, mithin ästhetischen Erkennens.
Diese Theorie erklärt sowohl die prinzipielle Erkennbarkeit der Welt durch den endlichen Verstand als auch die Möglichkeit bewusster und freier Weltveränderung durch menschliches Handeln. Schon um dies zu leisten, kann die Wahrheit ästhetischer Erkenntnis aber nicht irgendeine Sonderwahrheit neben den Dingen, von denen die Metaphysik handelt, und den Begriffen und Sätzen, von denen die Logik handelt, sein.
Die Untersuchung analysiert deswegen nach einem einleitenden Vorschlag zur Bestimmung des Verhältnisses von Logik und Metaphysik im Anschluss an Leibniz Baumgartens Erkenntnistheorie in ihrer charakteristischen Komplementarität von Ästhetik und Logik, die das gesamte Feld aller möglichen Gewissheit, d. h. des Bewusstseins der Wahrheit der verschiedensten Erkenntnisse, abdecken. Darüber hinaus erörtert sie auch deren mögliche Gegenstände, nämlich die Beschaffenheit der Dinge, wie sie das Wissen Gottes als eine ideale Metaphysik enthielte. Auf der Grundlage einer Ontologie teilweise unbestimmer aktualer Existenz kommt Baumgarten zu einer kosmologischen Theorie monadischer Bewegtheit aller körperlichen Dinge. Sie führt zu einer Psychologie des Erkennens und Handelns, aus der ein indeterministischer Begriff menschlicher Willensfreiheit folgt, die auch von Gottes Allwissen nicht beschränkt wird.
Inhaltsverzeichnis5
Vorwort9
A. Wahrscheinliche Weltweisheit11
I. Begriffsfreiheit und Sprachlosigkeit11
II. Intensionalität und Extensionalität13
III. Leibnizianischer Nominalismus: Metaphysik und Logik17
1. Grundsätze18
2. Nominaldefinition und logisches Subjekt21
3. Realdefinition und Substanz24
4. Metaphysik und Erkenntnis30
B. Was Menschen wissen können: Ästhetik und Logik als Organon der Erkenntnis34
I. Erkenntnis35
1. Bewusstheit36
2. Ästhetik41
a) Klarheit42
b) Mentale Aktivität48
c) Ästhetische Wahrheit52
α) Möglichkeit57
β) Grund64
γ) Folge81
δ) Dichtung und Wahrheit84
d) Analogon rationis92
α) Urteilsvermögen94
β) Erwartung97
γ) Zeichen100
δ) Anschauung106
ε) Interesse, gemischte Gefühle und Schönheit110
e) Ästhetik als Erkenntniskunst122
3. Logik125
a) Begriffsbildung126
α) Attentio – Aufmerksamkeit129
β) Abstractio – Absonderung132
γ) Universalität und Singularität von Begriffen135
δ) Definition140
b) Wahrheit und Urteil157
α) Qualität158
β) Quantität162
II. Gewissheit167
1. Objektive Gewissheit und metaphysische Wahrheit170
2. Subjektive Gewissheit175
a) Hinlängliche subjektive Gewissheit177
α) Mathematische Gewissheit178
β) Ästhetische Gewissheit183
b) Unzulängliche subjektive Gewissheit196
α) Ästhetikologische Gewissheit196
β) Das Wahrscheinliche (probabile)198
γ) Das Wahrheitsähnliche (verisimile)210
C. Was Gott weiß, oder: Wie die Dinge sind – Metaphysik225
I. Ontologie: Essenz und Existenz226
1. Innere Möglichkeit226
2. Das Wirkliche als intensionale Möglichkeit232
3. Existenz und Kontingenz237
4. Unbestimmte Existenz: Universalität und Potentialität243
5. Substanz und Potenz250
II. Die wirkliche Wirklichkeit: Materie und Monaden260
1. Das materielle Subjekt261
2. Monadische Bewegtheit263
3. Die vollkommene Welt270
a) Vielheit und Singularität270
b) Vielheit und Vollkommenheit278
III. Was die Seele tut: Erkennen und Handeln289
1. Seele und Bewusstsein291
2. Existenz und Streben: Vom Trieb zur Willensfreiheit297
IV. Was Gott eigentlich weiß, irgendwie aber doch auch nicht: Allwissenheit, Unbestimmtheit und Freiheit311
Alexander Aichele (geb. 1970) ist Privatdozent für Philosophie an der Universität Halle und selbstständig im Bereich Weiterbildung und Consulting tätig. Forschungsschwerpunkte: Metaphysik, Erkenntnistheorie, Logik, Moral- und Rechtsphilosophie, Antike, Frühe Neuzeit, Aufklärung. Er ist Herausgeber von Fichtes Reden an die deutsche Nation (PhB 588) sowie (gemeinsam mit Dagmar Mirbach) des Bandes Alexander Gottlieb Baumgarten. Sinnliche Erkenntnis in der Philosophie des Rationalismus (Aufklärung, Bd. 20 [2008]).
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